Lisa steht in der Küche. Das Geschirr vom Mittagessen stapelt sich und die Lebensmittel vom Abendessen steht noch auf dem Tisch. Ihr Mann Harald sitzt auf dem Sofa und schaut fern. Lisa wird wütend. Er sieht doch auch, welches Chaos hier herrscht. Warum muss immer alles sie machen? Sie dreht sich zu ihm um und blafft ihn an: “Du bist so faul, nie hilfst du mir!” Harald schreit zurück: “Du hast doch keine Ahnung, was ich den ganzen Tag leiste, das siehst du überhaupt nicht. Ich darf keine 10 Minuten auf dem Sofa sitzen, oder was?”
Folge: Es kommt zum Streit und keiner ist zufrieden.

Hinter allem, was wir tun und fühlen, liegen Bedürfnisse. Lisas Bedürfnisse könnten in diesem Moment vielleicht folgende sein: Ordnung, Unterstützung, Gemeinschaft
Harald hat andere Bedürfnisse: Entspannung, Wertschätzung, Harmonie
Wie könnten sie zusammen kommen?
Ein Grundsatz der Gewaltfreien Kommunikation ist es, dass wir alle Bedürfnisse unabhängig von anderen Personen erfüllen können. Die können helfen, wenn sie wollen, das ist aber nicht zwingend nötig.
Unterstützung kann z. B. durch die Mithilfe des Partners/der Partnerin, aber auch durch eine Putzhilfe, die Eltern, die auf die Kinder aufpassen, Babysitter, Staubsaugroboter, Nachbarn, etc. erfüllt werden.
Somit hat Lisa viele Möglichkeiten für die Erfüllung ihrer Bedürfnisse.
Zurück zu unserem Beispiel. Eine andere Reaktion: Lisa steht in der Küche und Harald liegt auf dem Sofa. Sie dreht sich zu Harald und sagt: “Bist du müde? Hattest du einen anstrengenden Tag? Möchtest du mir davon erzählen?” Harald daraufhin: “Ja, ich bin ganz geschafft. Ich würde dir gerne davon erzählen.” Lisa: “Das Geschirr in der Küche stapelt sich. Ich bin etwas genervt. Ich hätte so gerne Ordnung, brauche dabei Unterstützung. Würdest du mir jetzt 10 Minuten helfen und wir können danach oder auch währenddessen deinen Tag besprechen? Oder können wir uns eine Putzhilfe suchen?”

Vielleicht sagt er ja, vielleicht auch nein. Aber es ist eine Verbindung da. Sie sieht ihn mit seinen Bedürfnissen und erklärt sich ihm mit seinen. Trotzdem ist sie weder für die Erfüllung seiner noch er für die Erfüllung ihrer verantwortlich. Das sind sie beide selbst.
Also, wie können wir vorgehen?
Gedanklich:
- Gefühle ernst nehmen, in uns reinfühlen und schauen, welches (unerfüllte) Bedürfnis steckt hinter dem Gefühl.
- Strategien suchen, wie wir diese erfüllen können.
Aussprechen:
- Den Partner/die Partnerin sehen mit seinen/ihren Gefühlen und Bedürfnissen.
- Uns selbst öffnen, die Gefühle und Bedürfnisse auf den Tisch legen und dann die Bitte klar und deutlich stellen. Wenn ein “nein” kommt, andere Strategie ausprobieren.
So stehen die Chancen viel besser, in Verbindung mit deinem*r Partner*in zu kommen und trotzdem für dich einzustehen.
