Heute war ich richtig gut drauf. Ich habe tagsüber einige To-Dos erledigt, hatte ein schönes Telefonat mit meiner Freundin, war beim Friseur und hatte eine schöne Zeit mit den Kindern am Nachmittag. So weit so gut. Dann kommt mein Mann nach Hause und er hatte einen anstrengenden Tag auf der Arbeit hinter sich mit vielen Problemen und einem Kollegen, über den er sich so richtig aufgeregt hat. Das heißt, er war sehr genervt bis ziemlich sauer.
Kennst du so eine Situation? Was macht das dann mit dir?
Früher hätte ich seine Gefühle auf mich bezogen oder mich zumindest dafür verantwortlich gefühlt, dass es ihm besser geht. Also hätte ich möglichst alles gemacht, damit er Lösungen für seine Probleme findet oder gar sie gleich für ihn löse. Und ich wäre zumindest enttäuscht gewesen, dass ich jetzt nicht mehr glücklich sein kann.
Heute mache ich mir klar:
Jeder ist für die Erfüllung seiner Bedürfnisse selbst verantwortlich, und
Andere Menschen sind lediglich der Auslöser unserer Geühle, nicht die Ursache.
Was heißt das konkret?
- Ich bin nicht für die Erfüllung der Bedürfnisse meines Mannes und überhaupt nicht für sein Glück verantwortlich.
- Wenn ich jetzt auch genervt werde, dann liegt das in meiner Verantwortung und nicht in seiner.
- Ich kann so für mich sorgen, dass ich jetzt nicht genervt werde oder seine Stimmung annehme.
Das heißt, ich überlege jetzt, was ich brauche. Ich möchte in positiver Stimmung bleiben, wofür ich mich erst einmal entscheiden kann. Allerdings schaffe ich es nicht, voller Freue zu bleiben, wenn mein Mann mit sehr negativer Stimmung über eine halbe Stunde hinweg neben mir sitzt.
Folgende Lösungen fallen mir dann ein:
- Ihn bitten, woanders hinzugehen oder ich gehe woanders hin.
- Ihm helfen, in eine bessere Stimmung zu kommen (z.B. durch Reden, Empathie, Spaziergang, Ruhe, Sport, etc.)
Nachdem ich die zweite Lösung gerade bevorzuge, ich habe mich nämlich schon auf die Gesellschaft und den Austausch mit ihm gefreut, bitte ich ihn um folgendes: Könntest du mir sagen, wie ich dir helfen kann, deinen Tag zu verarbeiten? Möchtest du reden und ich höre ohne Kommentare einfach zu? Oder möchtest du Anregungen, wie du deine Probleme lösen könntest?
Seien wir ehrlich, am liebsten geben wir sofort Anregungen, sogenannte RatSCHLÄGE, und denken, damit ist unserem Gegenüber am meisten geholfen. Ganz anders wenn wir in der anderen Position sind. Dann wollen wir gehört und verstanden werden. Vielleicht, aber nur vielleicht, sind wir danach offen für Lösungsansätze.
Zurück zu meinem Beispiel. Er sagt also, er möchte reden. Nur reden ohne Lösungen. Eine Freundin hat dafür eine schöne Formulierung: Ist das ein Blaumann (an Lösungen arbeiten) oder ein Wein (nur Zuhören) Gespräch? Das fragen sie in der Beziehung immer und jeder weiß, was gemeint ist. Damit klingt das Ganze auch noch schön.
Mein Mann und ich haben dann geredet, also vor allem er, und es ging ihm sichtlich besser. Und ich bin in meiner guten Laune geblieben, ganz bewusst. Denn seine Gefühle sind seine und meine sind meine Verantwortung. Ihm ist an Ende nämlich gar nicht geholfen, wenn ich auch genervt und sauer bin.
Wenn er jetzt gesagt hätte, er möchte seine Ruhe haben, hätte ich das auch verstanden. Und danach gesagt, dass es mir gerade wichtig ist, in meiner Freude zu bleiben. Ich bin mir sicher, wir hätte auch für diese Konstellation eine Lösung gefunden.
Denn wenn wir unsere Bedürfnisse und die Bedürfnisse des anderen erkennen, finden wir meistens eine Strategie, um beides zu erfüllen.